Zur Geschichte der Fischerei in Creußen
Auf der Suche nach der fischereilichen Vergangenheit findet man keine spektakulären Ereignisse, die es wert gewesen wären in die Geschichtsschreibung einzugehen. Die wenigen vorhandenen Schriftstücke der Stadt Creußen behandeln daher nur Rechtsfragen wie Besitzwechsel von Teichen oder Verpflichtungen zur Reinhaltung der Bäche. Sie geben keine Hinweise über das Ausmaß oder die Bedeutung der Fischerei oder gar die Essgewohnheiten der damaligen Bevölkerung. Dennoch hat die frühere Fischerei in Creußen einen Beitrag für die Ernährung und den kulturellen Aufbau unserer Heimatstadt geleistet. Durch den heutigen fischereilichen Wissensstand und die Kenntnis der deutschen Fischereigeschichte lassen sich für den Creußener Raum viele Parallelen ziehen, die tiefere Einblicke in die Entwicklung der Fischerei erlauben.
Die Anfänge der Besiedlung unserer ehemals sehr waldreichen Gegend liegen im 1. Jahrtausend. Die einzigen Lebensräume für die Fische waren die von Natur aus vorhandenen Fließgewässer, der Roten Main mit seinen Nebenbächen. Es ist auszuschließen, dass in der Creußener Gegend ein stehendes Gewässer bestanden hat, da es in ganz Oberfranken keine natürlichen Seen gibt. Deshalb beschränkt sich die fischereiliche Tätigkeit in den Gründungszeiten der Stadt auf die natürliche Reproduktionsfähigkeit der Fische in den verhältnismäßig kleinen Fließgewässern. Im Nahbereich der späteren Stadt Creußen konnten aber damals schon mehrere Zentner Fisch pro Jahr geerntet werden, wenn man die Naturalerträge zugrunde legt. Voraussetzung dafür ist, dass die Bäche auch in Notzeiten nicht restlos leergefischt wurden. Mit Sicherheit war das ursprüngliche Naturgewässer Roter Main viel artenreicher als es sich heute durch die negativen Folgen zivilisatorischer Einflüsse darstellt. Es gab vor dem Bau von Mühlen noch keine Wehre und Flußkraftwerke, so dass Wanderfischarten ungehindert den Main aufwärts bis nach Creußen ziehen konnten.
Des Weiteren waren unsere einheimischen Fließgewässer ausgezeichnete Krebsbäche, an deren Bestände man sich reichlich bedienen konnte. Neunaugen als fischverwandte Rundmaularten stellten zur damaligen Zeit eine weitere ausgezeichnete Bereicherung der Nahrung dar. Der Fischfang selber dürfte keine größeren Schwierigkeiten bereitet haben. Man kannte bereits im 4. Jahrhundert Käfigreusen und Netze, deren Anwendung von den Kelten und Römern übernommen wurde. Auch der Fang mit den bloßen Händen oder Spießen konnte sehr erfolgreich praktiziert werden, wenn man diese Technik einmal erlernt hatte.
Die Teichwirtschaft als intensivere Bewirtschaftungsform der Fischhaltung begann mit der Notwendigkeit Wasserspeicher anzulegen. Man brauchte sie für die Betreibung von Mühlen als Eis-, Burg-, Dorfweiher und vieles mehr. Im Vordergrund standen in Creußen die Mühlweiher, wie die Hintermühle, Strohmühle, Hammermühle, Stockmühle und Sägmühle. Die Betreibung von Mühlen war ein einträgliches Geschäft und die Müller waren angesehene Leute (KRÖLL Geschichte der Stadt Creußen 1958). Die Mühlen sind sehr alt. Ein Hinweis auf die Errichtung der Hintermühle mit der Jahreszahl 1361 (KRÖLL) befindet sich an der Stadtmauer. In ihnen wurde Getreide gemahlen, Metall verarbeitet, Holz gesägt und andere Arbeiten verrichtet, bei denen man die Wasserkraft nutzte. Um diese möglichst effektiv einzusetzen baute man in Creußen oberschlächtige Mühlräder, bei denen das Wasser von oben herab auf das Mühlrad fiel. Im Gegensatz zu den unterschlächtigen Rädern, die nur im Wasser standen und deren Betrieb von den schwankenden Wasserpegeln abhing, arbeiteten die oberschlächtigen Räder durch eine gezielte Wasserzuführung nicht nur sehr gleichmäßig, sondern auch bedeutend kräftiger. Es wurde nicht nur die Strömung, sondern auch das Eigengewicht des Wassers ausgenutzt. Voraussetzung hierfür war allerdings der Bau eines vorgeschalteten Weihers, aus dem durch eine Zuleitung (Mühlbach) gezielt Wasser entnommen wurde. Dies war auch direkt in Creußen beim Hintermühl- und Strohmühlweiher der Fall (früher hieß er Straßenmühlweiher). In den Zeiten, in denen keine Energie benötigt wurde, wie nachts oder an Sonntagen, konnte sich der Weiher wieder neu füllen. Der Mühlenbetrieb mit Hilfe der Wasserkraft war ein ausgeklügeltes System einer kostenlosen und naturverträglichen Energiegewinnung, sieht man von den Bau- und Reparaturarbeiten ab, die sich zur damaligen Zeit sicher in Grenzen hielten. Einen großen Nachteil bildeten aber die zum Wasseranstau benötigten Wehre für die Wanderfischarten, die heute noch den Lebensraum stark eingrenzen und das Ablaichen und die Vermehrung vieler Fische in den Bächen behindern.
Trotzdem hatte die Entstehung der Teichwirtschaft in Creußen dem Bau der Mühlen mit ihren oberschlächtigen Mühlrädern zu verdanken und nicht umgekehrt. Anfangs wurden in den Mühlweihern nur sehr wenige Fische gesetzt, was aber im Lauf der Zeit immer mehr intensiviert wurde. Die Mühlweiher wurden zu einer multifunktionellen Einheit. Aus ihnen wurde Energie gewonnen, in ihnen Wäsche gewaschen, Eis für Brauereien gebrochen, Heilpflanzen angebaut, Schilf für Bauzwecke geschnitten und Schlamm für die Düngung von Feldern entnommen. Doch die Erzeugung von Fischen als Nahrungsmittel wurde immer bedeutender. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts begann die Blütezeit der Fischerei. Die Pestepedemie war ausgestanden und der Fisch zu einem Luxusartikel geworden. In Amberg / Oberpfalz erzielte man zu diesem Zeitpunkt für ein Pfund Karpfen den gleichen Preis wie für sechs Pfund Schweinefleisch, fast sieben Pfund Ochsenfleisch oder neun Pfund Schaffleisch. Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts lagen die Karpfenpreise bei uns zwei bis dreieinhalb mal so hoch wie die Rindfleischpreise (J. HOFMANN 1935, KONOLD 1986). Es war kein Wunder, dass Weiher- und Teichbau zur damaligen Zeit einen wahren Boom erlebten. Im Jahre 1486 wurde bei Bamberg ein 20 ha großer Weiher angelegt, dessen Bau 2350 Goldgulden an Kosten verursachte. Aus ihm konnte ein Erlös von 120 Gulden pro Jahr erwirtschaftet werden, so dass sich die Investition bereits nach 20 Jahren bezahlt machte. Der Ertrag lag weit über dem der besten Wiesen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist eine Weiheranlage des Stifts Bamberg bekannt, deren Ausgaben 277 Gulden, die Einnahmen jedoch 1354 Gulden betrugen. Die Rentabilität der Teichanlagen muß auch in Creußen der Anlass für den Bau größerer Weiher gewesen sein. Der Hammerweiher reichte einst von der Hammermühle bis zum Hintermühlweiher und könnte nach der Einschätzung des Geländes eine Größe von 20 bis 30 ha betragen haben. Der Craimoosweiher ist heute noch der größte Teiche in Nordbayern. Zusammen mit den vielen anderen kleineren und größeren Weihern, deren Anzahl im Mittelalter sehr viel höher lag wie heute, stellte die Teichwirtschaft in Creußen mit seinem Umland einen bedeutenden Wirtschaftszweig über mehrere Jahrhunderte dar. Die Fische selber waren aber nur den gehobenen Gesellschaftsklassen vorbehalten und wurden als Luxusgut und Spezialität gehandelt. Vom Hammerweiher, der auch der Markgrafenweiher hieß, weil er im markgräflichen Besitz war ist bekannt, dass die Fische mit Ochsengespannen nach Bayreuth zum Schloß gefahren wurden. Es bestand zur damaligen Zeit eine überaus feine Küche. Bereits im 14. Jahrhundert servierte man in Deutschland z.B. bei einer Kircheneinweihung Stockfisch mir Öl und Rosinen, Brachsen in Öl gebacken, gesottene Aale mit Pfeffer, gerösteten Bückling mit Senf, sauer gesottene Speisefische, gebratenen Hering, kleine Fische mit Rosinen und gesalzenen Hecht mit Peterlin (A.SCHULTZ 1903, KONOLD1986).
Im 18. Jahrhundert erfolgte ein Rückgang der Weiherwirtschaft. Von Frankreich aus kam eine völlig neue Eßkultur zu uns. Nicht mehr der Fisch, sondern verschiedene neue Zubereitungsarten des Fleisches, exotische und südländische Zutaten und Südfrüchte rückten in den Vordergrund. Zur gleichen Zeit bekam die Landwirtschaft durch neue Kenntnisse und Anbauverfahren einen enormen Aufschwung. Der Feldanbau verdrängte andere Nutzflächen, zu denen auch die Teiche gehörten. Die neuen Ackerflächen entstanden durch Abholzung von Wäldern, Entwässserung von Wiesen, Mooren und trockengelegten Weihern. Diese Entwicklung setzte sich bis zum Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts fort. Hieraus könnte sich die Aufgabe des großen Hammerweihers bei Creußen sowie vieler kleinerer Weiher, die z.B. auch im Bürgerwald bestanden, erklären.
Dieses Teichsterben hatte aber bald wieder ein Ende, da durch die Fortschritte in der Teichwirtschaft die Fischzucht durch die künstliche Befruchtung wieder interessanter wurde. Man baute Vorstreckteiche, um gezielte Aufzuchtbedingungen für die Brut zu erhalten. Auch der Getreidepreis , mit dem die Fischerei nun laufend konkurrierte, verfiel in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts durch Billigimporte aus Ungarn. Der Weg für eine sinnvolle Weiherbewirtschaftung war wieder frei geworden. Im Jahre 1855 wurde in München der erste deutsche Fischereiverein gegründet. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, die Fischzucht zu fördern und Fischereigesetze zu erarbeiten. Man wandte sich damals schon gegen die Verbauungen von Flüssen.
In Creußen wurde im Jahr 1906 der erste Fischereiverein ins Leben gerufen. Er nannte sich Kreisfischereiverein Creußen und hatte sein Vereinslokal bei der Eichmüller Gretel. Im Gastzimmer hing die eigene Vereinsfahne. Leider ist uns trotz Nachforschungen nicht gelungen mehr über unseren Vorgängerverein zu erfahren. Wir hätten zu gerne gewußt wie lang der Verein bestanden hat, welche Gewässer ihm zur Verfügung standen, welche Menschen ihm angehörten und vieles mehr. Historischen Hintergründe sind zwar erhalten, aber die vielen kleinen Begebenheiten, Episoden und Erzählungen lassen sich durch die Jahrhunderte hinweg nur erahnen.